Bad Gastein, November 2013. Nach einer kombinierten Therapie mit dem Edelgas Radon und Wärme erleben Rheuma-Patienten eine deutliche Schmerzlinderung, die oft monatelang anhält. Sie benötigen weniger Medikamente, können so Nebenwirkungen verringern und sich wieder besser bewegen. Zahlreiche Erfahrungsberichte und Studien belegen heute die nachhaltige Wirkung der Radonwärmetherapie. Seit 1952 nutzen Patienten das natürliche Klima im Gasteiner Heilstollen – weltweit größtes Therapiezentrum für Morbus Bechterew – für diese Behandlungsform.
Aktuell widmen sich mehr als zehn parallel laufende Studien der detaillierteren Erforschung der Radontherapie und der kombinierten Radonwärmetherapie, die Fachkreise als Low-dose-Radon- und Hyperthermie-Therapie (LDRnHT) kennen.
Neben Erkenntnissen über den Wirkmechanismus wollen die Wissenschaftler vor allem neue Anwendungsmöglichkeiten der Radontherapie erschließen. „Viele der aktuellen Studien bestätigen Schmerzlinderung sowie Medikamentenverbrauchssenkung und entsprechen den anspruchsvollen Kriterien der evidenzbasierten Medizin. Sie sind damit eine wichtige Basis für die etablierte Kostenerstattung durch deutsche und österreichische Versicherungen,
die mit neuen Erkenntnissen in Zukunft noch weiter ausgebaut werden soll“, kommentiert Prim. Univ. Doz. Dr. med. Bertram Hölzl, Chefarzt Gasteiner Heilstollen. „Der Wirkmechanismus der Gasteiner-Heilstollen-Behandlung ist noch nicht in allen Aspekten geklärt. Dass die Therapie das entzündungshemmende und heilungsfördernde Zytokin TGFBeta aktiviert, ist jedoch erwiesen. Hierauf werden weitere Studien aufbauen. Ich bin sehr optimistisch.“
Dank Radon: langanhaltend weniger Schmerzen und Medikamente
Insgesamt 550 Probanden mit chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Morbus Bechterew, rheumatoider Arthritis oder Arthrosen haben 2012 an einer internationalen multizentrischen randomisierten Studie (IMuRa) über die Wirksamkeit der Radontherapie teilgenommen. Eine Hälfte der Teilnehmer erhielt eine Therapie mit zwölf radonhaltigen Wannenbädern bzw. zehn Radonstolleneinfahrten, die andere Hälfte eine vergleichbare radonfreie Behandlung. Ergebnis: Die zusätzlich mit Radon behandelten Patienten hatten über einen längeren, bis zu neun Monate andauernden Zeitraum deutlich weniger Schmerzen. Auf nebenwirkungsreiche, teure Schmerzmittel, zumeist nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), konnten sie weitgehend verzichten. Die vom Verein Europäische Radonheilbäder e. V. (EURADON) beauftragte Studie erfüllt die Klasse 1b der Konzepte der evidenzbasierten Medizin.
Osteoporose mögliches neues Anwendungsgebiet
Radonwärmetherapien wirken sich positiv auf den Knochenstoffwechsel bei Morbus Bechterew-Patienten aus. Das zeigte jüngst eine Pilotstudie des zur Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg gehörenden Forschungsinstituts Gastein. Es konnte dabei nachgewiesen werden, dass durch die Radonwärmetherapie ein Stoff im Körper gehemmt wird, der für den Knochenabbau verantwortlich ist. Eine randomisierte klinische Studie soll nun klären, ob Osteoporose-Patienten von diesem Effekt profitieren.
Hintergrund: Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die häufig auch mit Knochenverlust assoziiert sind, fehlreguliert der Körper den biochemischen Regelkreislauf wichtiger Proteine aus der Familie der Tumornekrosefaktoren (TNF). Die Pilotstudie fand nun heraus:
Radonwärmetherapien beeinflussen das Verhältnis von Knochenaufbau und -abbau bei Morbus Bechterew-Patienten positiv. Damit liegt die Vermutung liegt nahe, dass dies auch bei Osteoporose ohne entzündliche Begleiterkrankung zutreffen könnte.
Neue Studien zur Reduktion von TNF-Hemmern
Rheuma-Patienten, die sich einer Radonwärmetherapie unterziehen, müssen weniger Schmerzmittel einnehmen. Dies haben viele unterschiedliche Studien gezeigt. Zur Behandlung der entzündlichen Gelenkerkrankung selbst verordnen Rheumatologen häufig Biologika vom Typ der TNFHemmer. Diese Medikamente blockieren die rheumatische Entzündung, unter Umständen aber auch wichtige Funktionen des Immunsystems wie die Infekt-Abwehr. Untersuchungen der Medizinischen Universität Innsbruck deuten jetzt darauf hin, dass Morbus Bechterew-Patienten nach einer Radonwärmetherapie weniger TNF-Hemmer einnehmen müssen.
Sie stützen sich bisher auf Dokumentationen von Patienten, die in drei österreichischen Rheuma-Ambulanzen zu regelmäßigen Kontrollen erschienen. Dr. Katharina Eberherr und Prof. Manfred Herold von der Uni Innsbruck wollen die vielversprechenden Beobachtungen in den kommenden Jahren durch weitere Studien in Zusammenarbeit mit dem Gasteiner Heilstollen untermauern.
Breite Studienbasis zur Wirksamkeit bei Rheuma